GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH
GEGENSÄTZE ZIEHEN SICH AN: Der Designer Norman Weber auf der Gratwanderung zwischen Klassik und Moderne. Er verwendet traditionelle High-End- Materialien wie Edelsteine in Kombination mit synthetischen Komponenten aus Plastik oder Nylon, wie bei dieser Brosche 46 THE JAGUAR
DESIGN „Selbst in einer Zeit der 3D-Modelle steht für Schmuckdesigner die Vision von Schönheit und Faszination immer noch im Vordergrund“ Materialien und Verfahren für seine Stücke. Auch wenn Kruger mit traditionellen Methoden arbeitet, sind seine Stücke dennoch repräsentativ für eine neue Richtung im Schmuckdesign: Bei ihm stehen Strukturen, Farben und Muster im Mittelpunkt, damit vermitteln seine Werke, was er als „Ideen, die in einem kleinen Format ausgedrückt werden“, bezeichnet. Das Werk der chinesischen Künstlerin Dorry Hsu, die auch bei mir am Royal College studiert hat, ist durch die intelligente Einbettung digitaler Technologien in traditionelle Handwerkskunst gekennzeichnet. Ihre Stücke sprechen eine üppige, barocke Designsprache, sie experimentiert ausgiebig mit Farben, und nicht zuletzt zeigt sie, dass die anspruchsvolle Handwerkskunst noch einen Platz hat, sobald die Phase der Additiven Fertigung vorbei ist – die Endbearbeitung wird bei ihr häufig noch von Hand gemacht. Norman Weber ist ein weiterer Künstler, der sich die digitale Revolution zu eigen gemacht hat. Er spielt mit den Klischees des Schmuckdesigns, während er die traditionellen Hierarchien abschafft. Er geht sogar so weit, ganz gewöhnliche Steine und synthetische Materialien in teure High-End- Produkte einzubauen. Webers Werk unterstreicht nebenbei noch einen anderen wichtigen Punkt: Während wir es in Bezug auf Produktion und Design wirklich mit einer schönen neuen Welt zu tun haben, dürfen wir nicht annehmen, dass der Schmuck das Handwerk hinter sich lässt und auf eine reine Massenproduktion zusteuert, selbst wenn bestimmte individuelle Komponenten heute schneller produziert werden können. Wir haben FOTOS: JULIA SKUPNY, PR noch ein ganzes Stück Weg vor uns, bis wir mit additiven Verfahren Bestandteile aus Edelmetall herstellen können. Darüber hinaus wurden hinter den Kulissen bestimmte Aspekte der Produktion sogar komplizierter, weil die Komponenten komplexere Formen haben und die verwendeten Materialien immer vielfältiger werden. Wir stehen am Anfang einer neuen und aufregenden Reise im modernen Schmuckdesign, einer Reise, bei der der Fokus auf der Interaktion zwischen dem kreativen Künstler und dem Computer liegt. Aber es gibt keinen magischen „Druck“-Knopf; das fertige Produkt ist immer das Ergebnis einer langwierigen Experimentierphase im gesamten Spektrum der Schmuckherstellung. Selbst in einer Zeit der 3D-Modelle steht für Schmuckdesigner die Vision von Schönheit und Faszination immer noch im Vordergrund. ÜBER DIE AUTORIN Die deutsche Schmuck designerin SILVIA WEIDEN- BACH hat einen MA in Goldschmiede kunst, Silberschmiedekunst, Metallverarbeitung und Schmuckherstellung vom Royal College of Art in London und ein Diplom für Bildende Kunst von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Ihr Schmuck kombiniert traditionelle Methoden mit digitalen Verfahren, sie paart Materialien wie von Hand gefasste Diamanten mit modernen Techniken wie dem haptischen Arm, einem digitalen gestalterischen Werkzeug, mithilfe dessen sich der „virtuelle Ton“ eines Stücks bearbeiten lässt. Silvia Weidenbach hat ihr Atelier im Londoner Juwelierviertel Hatton Garden und ist Gastdozentin am Royal College of Art. THE JAGUAR 47